Am 20.08.2019 fand mit 66 Teilnehmenden im STIC in Strausberg die 6. Demokratiekonferenz mit dem Titel "Miteinander reden!" statt. Die Tagesmoderation übernahm Angela Fleischer von der Regionalen Arbeitsstelle für Bildung, Integration und Demokratie.
In seiner Eröffnungsrede stellte Boris Klein als Koordinator des Lokalen Aktionsplanes in Anlehnung an den Aufruf "Demokratie in Not" der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung fest, wie wichtig das Gespräch ist: "Zuhören und sprechen sind die Grundpfeiler der Demokratie. Können wir nicht mehr Zuhören und Sprechen, drohen uns Vereinzelung, Identitätsverlust und Gesellschaftskollaps. Was wir tagtäglich hören, sehen, lesen, jemandem zufügen oder selber erleiden, lässt sich nicht in Fernsehen oder Social Media abschieben. Keine Talkshow vertreibt uns den Frost aus der Seele, und kein Jahrhundertsommer übertüncht die soziale Eiszeit. Um die soziale Eiszeit zu überstehen, müssen wir gemeinsam verstehen, was vor Ort gebraucht wird, und wir müssen unsere Instrumente der politischen Bildung und der Prävention stärken. Daher begrüße ich herzlich Frau Dr. Weyrauch von der Landeszentrale für politische Bildung, Herrn Kasüschke vom Landespräventionsrat Brandenburg und Herrn Schmidt als Landrat im Landkreis Märkisch-Oderland."
Im Anschluss veranschaulichte der Filmbeitrag "Wie die Demokratie gerettet werden soll" die Situation in Deutschland und zeigt die Notwendigkeit von Prävention dar. Der Film kann weiterhin angeschaut werden unter: www.projekt-praevention.de
Publikumsgespräch
Kay Kasüschke (Landespräventionsrat Brandenburg)
Dr. Martina Weyrauch (Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung)
Gernot Schmidt (Landrat Märkisch-Oderland)
Frage Moderation: Welche Pläne zur Umsetzung haben Sie, wenn es darum geht unsere Demokratie sinnhaft zu gestalten? Welche Formate sind praktikabel für den ländlichen Raum?
Martina Weyrauch: Kurz zu meiner Historie, ich habe bereits in der DDR im Alter von 17 Jahren angefangen, Jugendliche ehrenamtlich als Rechtsbeistand zu verteidigen. Demnach habe ich mich diktaturübergreifend seit nunmehr 45 Jahren mit dem Thema Prävention beschäftigt. Demokratie beinhaltet eine grundmenschliche Herangehensweise mit den notwendigen Pfeilern Wertschätzung und Respekt. Dafür notwendig ist vor allem eine positive Perspektive. Wenn nur ein negatives Bild projiziert wird, wird man niemanden zur Mitwirkung begeistern können. Die Landeszentrale für politische Bildung liefert Information und Orientierung für politische Bildung über verschiedene Medien, Publikation und Ausstellungen. Wir beraten Initiativen vor Ort (inzwischen über 200 Vereine), wie man Menschen ermutigen kann, sich zu engagieren. Denn die angestrebte Selbstwirksamkeit macht was mit mir als Individuum und damit auch mit der Gesellschaft, im Idealfall macht es auch noch Spaß. Freiheit bleibt immer das oberste Prinzip.
Frage Moderation: Wie demokratisch agieren die MOLer und was muss verstärkt werden? Worauf sind Sie stolz?
Gernot Schmidt: Um diese Frage abschließend zu klären, muss man vorher beachten, welche Rahmenbedingungen vor Ort überhaupt gegeben sind, um Demokratie tatsächlich ausleben zu können. Dazu gehört, Entscheidungen selber fällen und auch selber verantworten zu können. Gestaltungsspielraum muss auch in der untersten Ebene spürbar sein
Martina Weyrauch: Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um den Landrat ein Lob auszusprechen. Herr Schmidt hat während der Hochphase der Flüchtlingswelle Format bewiesen und gezeigt, auch Krisensituationen zu meistern und zielorientiert an Lösungen zu arbeiten. Hier wurde durch den Landrat die Demokratie vorgelebt.
Frage Moderation: Wie kann man Demokratie wehrhaft gestalten? Welche Vorhaben und Ziele hat hier der Landespräventionsrat?
Kay Kasüschke: Die Demokratie lebt davon, dass jeder für sich Haltung bezieht. Dies fängt schon bei Mikroprozessen an, dazu gehören bereits die Meinungsfreiheit und das Recht, zu einer Position öffentlich Stellung beziehen zu können. Demokratie benötigt eine funktionsfähige Zivilgesellschaft und staatliche Akteure in der direkten Zusammenarbeit. Die Arbeitsgruppe 1 des Landespräventionsrates beschäftigt sich mit Kinder und Jugendlicher Gewaltdelinquenz. Die Arbeitsgruppe 2 setzt sich mit Themen des politischen Extremismus auseinander. Hierzu werden Fachtage organisiert und Projekte initiiert.
Martina Weyrauch: Auch die Landeszentrale ist dankbar für die Unterstützung von Seiten der Polizei und des Verfassungsschutzes. Unsere Veranstaltungen sind oft mit einem offensiven Charakter ausgelegt, Populismus, Pegida etc. das alles sind hochaktuelle Themen, oft mit teilweise gewaltbereiten Störungen der Gegenseite. Ohne eine Zusammenarbeit mit den staatlichen Akteuren wie Polizei und Verfassungsschutz, könnten wir diese Veranstaltungen nicht durchführen.
Frage aus Publikum: Das Demokratiewesen in Deutschland ist in den Köpfen abgerutscht. Wie wollen sie den Großteil der Bevölkerung motivieren, sich wieder demokratisch zu beteiligen?
Kay Kasüschke: Hier plädiere ich für Offenheit. Auch im Hinblick auf die Tatsache, dass auf einmal Parteien vermehrt in die Öffentlichkeit treten, die aktuell sehr in der Gunst der Wähler gestiegen sind. Der Rahmen einer Auseinandersetzung ist festgelegt, durch Gesetze auf der rechtlichen Seite und durch Sitte und Moral auf der menschlichen Seite. Demnach besteht keine Notwendigkeit irgendeine Auseinandersetzung zu scheuen und somit sollte man sich jeder Fragestellung und jedem Thema stellen. Wie diese Offenheit und das Prinzip alle mitzunehmen gestaltet wird, muss punktuell und situationsgerecht vor Ort gestaltet werden. Dies können bspw. Stadteilspaziergänge, Schulkampagnen gegen Mobbing oder Ähnliches sein.
Gernot Schmidt: Sie müssen mir erstmal erklären, was es bedeutet, dass die Demokratie abgerutscht ist. (Nach Erläuterung aus dem Publikum zum konkreten Sachverhalt einer illegalen Mülldeponie) Hinsichtlich des konkreten Vorfalls der Mülldeponie standen auch andere Faktoren wie Umweltschutz, Auflagen der Behörden etc. im Vordergrund. In bestimmten Situationen ist eine direkte Mitwirkung des Bürgers aufgrund der Eile und Brisanz teilweise nicht gegeben. Hier fungieren aber immer noch demokratisch gewählte Vertreter, in Notsituationen immer im Sinne der Daseinsfürsorge für die Mehrheit der Bürger. Dass man damit den Unmut von Einzelnen auf sich zieht, ist das Los, mit dem die federführende Politik dann zu leben hat.
Martina Weyrauch: Es geht auch darum, was kann Demokratie leisten und was nicht. Die Demokratie ist nicht weggerutscht. 11 Parteien mit insgesamt 23000 Mitgliedern stellen sich derzeit der kommenden Landtagswahl. Dies vermittelt nicht den Eindruck, das irgendwas weggerutscht ist, sondern vielmehr, dass wieder mehr Bewegung und Aktivität vermerkt werden kann. Fakt bleibt, wenn die Menschen sich nicht für die Sache einsetzen geht die Sache vor die Hunde. Im Zeitalter von Social Media und Digitalisierung muss Prävention auch angepasst werden. Der Oberbürgermeister von Frankfurt/Oder bspw. stellt sich derzeit im Rahmen eines Podcast punktuell ausgesuchten Problemstellungen und steht Rede und Antwort. Dies hat den Vorteil einer totalen Transparenz gegenüber einer kritischen Öffentlichkeit.
Frage aus Publikum: Gibt es Schnittmengen/Projekte und Förderung zwischen der Landeszentrale für politische Bildung an Schule?
Martina Weyrauch: Derzeit arbeitet die Landeszentrale ausschließlich im Bereich der außerschulischen politischen Bildung. Hier gibt es eine klare Trennung. Es stellt sich derzeit die Frage, ob dieses Vorgehen noch aktuell ist oder vielmehr ein Umdenken stattfinden muss, um schulische und politische Bildung wieder zu vereinen. Beispielsweise Projekt P: bei dem alle Parteien mit ihren jeweiligen Vertreter*innen in eine teilnehmende Schule geladen werden, um dort den Schüler*innen Rede und Antwort zu stehen. Hier wird auf offensive Auseinandersetzung anstatt auf Ausgrenzung gesetzt.
Frage Moderation: Zum Abschluss: Was wünschen Sie sich für die Förderung von Demokratie in MOL?
Kay Kasüschke: Mein Wunsch ist es, dass der Gedanke der Prävention weiter um sich greift mit einem mutigen gesellschaftlichen Ansatz. Gestärkte Jugendliche sind hierbei ein Garant für eine stabile Gesellschaft in der Zukunft. Ein stabiles Fundament stärkt für künftige Krisensituationen. Für außergewöhnliche Projekte im Bereich Prävention vergibt der Landespräventionsrat einmal jährlich den Präventionspreis.
Martina Weyrauch: Prävention bedeutet gleichzeitig politisches Denken. Ich wünsche mir eine offene Gesellschaft, die demokratisch funktionsfähig ist im Sinne von Engagement. Hierbei steht die Landeszentrale für politische Bildung mit Geld, Rat und Unterstützung zur Seite.
Gernot Schmidt: Es ist neben allen miteinander reden auch wichtig Streit miteinander zu pflegen. Unterschiedliche Positionen als konstruktive Auseinandersetzung sehen als sich hinter Empfindlichkeit zurückzuziehen. Ungeheuer wichtig ist die Kommunale Selbstverwaltung. Hier reicht Beratung nicht aus. Bei der Schaffung von Gremien muss diesen auch Entscheidungsspielraum zugebilligt werden.
Thementafel 1 – Lokaler Aktionsplan: Luft raus? – Frischer Wind rein!
Moderation: Grit Körmer und Robert Parr
Thema 1: Kooperation mit Schule – Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit
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Thema 2: Zielgruppen erreichen Fragestellungen: Sind junge Menschen nur noch über Schule erreichbar? Stirbt Projektarbeit aus?
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Thema 3: Mehr Klarheit durch ein Jahresthema
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Thema 4: Sichtbarkeit von LAP/Pfd
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Thementafel 2 – Kreistag Märkisch-Oderland: Gewählt und jetzt?
Moderation: Ilona Tkocz und Benny Zahn
Diskussionsthema: Beteiligung, Transparenz + Kommunikation → bei politischen Themen, Entscheidungen, Informationen oder Diskussionen Wie kann das besser erreicht werden?
Format(e) für alle schaffen: Schule – Lehrer/innen – Schüler/innen Fazit: Es gibt nicht ein Konzept oder eine Lösung Idee einer Fachrunde zum Thema „Beteiligung, Transparenz, Kommunikation“ → eventuell im Rahmen einer Demokratiekonferenz Schule/Lehrer/innen:
Idee: Schulfach zum Thema Jugendbeteiligung → Jugend von heute mit einbeziehen → Baukastenprinzip Abschlussrunde/ Feedbackrunde
Idee: Landkreisweiten Fachtag zur Jugendbeteiligung in MOL mit Infoaustausch |
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Thementafel 3 – Amtsverwaltung Märkisch-Oderland: Keine Demokratie ohne Bürokratie
Moderation: Kerstin Dickhoff und Frank Schütz
Thema 1: Bürokratie vereinfachen wäre schön…
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Thema 2: Rahmenbedingungen
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Abgerundet wurde der arbeitsreiche und intensive Tag durch Konstanze Kromer und Marin Caktas - das Team von Theatersport Berlin.
Impressionen vom Tag